„Lectio Divina – Geistliche Lesung“ – Sr. Johanna Domek OSB, Köln Raderberg

Sinn und Ziel

Eins der charakteristischen Merkmale benediktinischer Spiritualität, das sie befähigte, eine Geschichte von mehr als fünfzehnhundert Jahren zu überdauern, ist, dass Benedikt keine Trennung von geistlich und weltlich, von menschlich und heilig aufkommen ließ. Alles Leben ist für Benedikt heilig. Die gleiche Auffassung vertritt er, was das Gebet nach der Lectio Divina betrifft.

Bei der Geistlichen Lesung, der Lectio Divina geht es weniger darum, was wir an Bibeltexten lesen, sondern wie wir sie lesen. Benedikt ermutigt uns, unser eigenes Leben in die Schriftlesung mitzubringen, und es zwischen dem Schrifttext und unserm Leben zu einem wechselseitigen Hin und Her kommen zu lassen, damit sich die Richtung unseres Lebens ganz allmählich verändert und die Richtung nimmt, die Christus und das Evangelium weisen. Lectio Divina ist ein Weg ins Gebet, es geht um ein Lesen das die Grundlage für ein Beten bildet, es geht um ein Lesen, dessen Absicht es ist, Gott zu suchen.

Wesentlich für den Prozess der Lectio Divina ist ein reflektiertes oder ein langsames und nachdenkliches Lesen, eine Lesen, in dem das Wort auf unser Herz Einfluss nimmt, aber in einer wirklichen Einheit von Herz und Geist.

Lectio ist kein schnell hinzusetzendes Projekt, keine Fast-Food-Angelegenheit. Sie geht nur langsam, sie braucht Zeit. Es ist wie bei einem gesunden Wachstum, das innen geschieht und sich nach außen ausdrückt. Es geht darum, mein ganzes Selbst von Gottes Wort verwandeln zu lassen. Das geht langsam, das braucht Zeit, Tag für Tag, braucht ein geduldiges Hüten der Seele, die immer wieder genährt wird mit Gottes Wort, so dass wir ganz allmählich, über eine Lebenszeit hin, umgestaltet werden in Christus.

Methodische Schritte