Kap. 65: Der Prior des Klosters

Lesung aus der Regel des heiligen Benedikt vom 22. April 2025

  1. Zu oft schon sind durch die Einsetzung eines Priors schwere Streitigkeiten in den Klöstern entstanden.
  2. Vom bösen Geist des Stolzes aufgebläht, bilden sich manche ein, zweite Äbte zu sein; sie reißen die Herrschaft über andere an sich, sie schüren Ärger und Streit, sie stiften Zweitracht in ihren Gemeinschaften.
  3. Das geschieht vor allem dort, wo derselbe Bischof und dieselben Äbte, die den Abt einsetzen, auch den Prior einsetzen.
  4. Wie verkehrt das ist, lässt sich leicht einsehen; denn schon vom Tag seiner Einsetzung an wird dem Prior Anlass zum Stolz gegeben.
  5. Seine Gedanken flüstern ihm nämlich ein, er sei der Autorität seines Abtes entzogen,
  6. weil er von denselben eingesetzt sei wie der Abt.
  7. Daraus entsteht Neid, Streit, Verleumdung, Eifersucht, Zwietracht und Unordnung.
  8. Wenn Abt und Prior gegeneinander stehen, bringt diese Zwietracht ihre Seelen zwangsläufig in Gefahr,
  9. und auch ihre Untergebenen laufen ins Verderben, wenn sie den Parteien schmeicheln.
  10. Die Hauptverantwortung für diesen gefährlichen Missstand trifft jene, die eine solche Unordnung verursacht haben.
  11. Daher halten wir es zur Wahrung des Friedens und der Liebe für angebracht, dass der Abt die Ämter in seinem Kloster nach eigenem Ermessen besetzt.
  12. Wenn möglich sollen Dekane alle Belange des Klosters nach den Anweisungen des Abtes regeln, wie wir schon früher bestimmt haben.
  13. Sind mehrere beauftragt, kann ein einzelner nicht stolz werden.

Die Regellesungen sind entnommen aus:

Die Regel des heiligen Benedikt Herausgegeben im Auftrag der Salzburger Äbtekonferenz 1. Auflage 2006 © Beuroner Kunstverlag, Beuron

Beuroner Kunstverlag - Regelausgaben